Als Julia im Sommer 2000 geboren wurde, befand sich Vater Lionel Huber in den letzten Abschlussprüfungen seines Zahnmedizinstudiums. 24 Jahre später hält Julia ebenfalls ihr Diplom in den Händen. «Meiner Meinung nach eine grosse Leistung für zwei Generationen in derselben Familie», erzählt Huber mit Stolz.
Beide wussten bereits früh, dass sie einen Beruf im Gesundheitsbereich anstreben möchten. Mit zwölf Jahren war es der Traum von Lionel Huber, Arzt zu werden. Doch andere Interessen beeinflussten diese Entscheidung nach der Matura: «Ich wusste, dass es mir schwerfallen würde, sehr viel Zeit bei der Arbeit zu verbringen, was bei Ärzten oft der Fall ist», so Huber. «Die Zahnmedizin macht es mir leichter, Zeit für meine anderen Leidenschaften wie Literatur oder Film zu haben.» Seine Wahl hat er bis heute nicht bereut.
Bei Julia fiel die Entscheidung für dasselbe Studium, als sie ihren Vater in den Ferien nach Senegal begleitete. Huber bot dort gemeinsam mit anderen Kollegen unentgeltliche Zahnbehandlungen an. Dabei assistierte ihm die Tochter. «Was mich am meisten beeindruckt hat, war die Dankbarkeit der Menschen nach der Behandlung, und auch ihr Mut und ihre Freundlichkeit, vor allem weil es für die meisten von ihnen der erste Besuch beim Zahnarzt war», erzählt Julia. «In diesem Moment wusste ich, dass es das war, was ich tun wollte.» Da auch sie eine Leidenschaft für Sport, Kunst und Reisen hegt, spielte zudem die Freiheit, welche die Arbeit als Zahnärztin bietet, eine entscheidende Rolle bei der Berufswahl.
Reise in die zweite Heimat
Ihre beiden Leidenschaften wird Julia nun nach ihrem Abschluss ideal kombinieren können. «Ich habe geplant, im November allein für einige Zeit nach Senegal zu reisen», so die 24-Jährige. In dem Land, aus dem ihre Mutter stammt, will sie sich der Arbeit bei «Les Suisses de Warang» widmen. Die Organisation, die ihr Vater gemeinsam mit einem Kollegen und der Stiftung Secours Dentaire International auf die Beine gestellt hat, will benachteiligten Menschen in Senegal helfen, die keinen Zugang zu zahnärztlicher Versorgung haben. Vor Kurzem konnte dank des Vereins vor Ort eine Praxis eingerichtet werden, in der eine einheimische Zahnärztin angestellt ist.
Im Zuge ihrer Reise möchte Julia einerseits Material in die Praxis in Senegal bringen sowie andererseits als junge Hochschulabsolventin im Bereich der Zahnprävention und -prophylaxe aushelfen. Sie profitiert zudem von der Gelegenheit, das Land zu bereisen und abgelegene Ecken zu entdecken. «Nach meiner Rückkehr in die Schweiz plane ich, hauptsächlich in einer Waadtländer Praxis zu arbeiten, wobei ich auch in einem kleinen Pensum in der Praxis meines Vaters tätig sein werde», erzählt die junge Absolventin. Lionel Huber übernahm 2004 eine Zahnarztpraxis in Colombier. Einige Jahre später schloss er sich mit zwei Kollegen zusammen und eröffnete mit ihnen das Centre médicodentaire in Neuchâtel.
Fachaustausch am Familientisch
Sprechen die beiden mittlerweile nur noch über ihren geteilten Beruf? «Bei unseren Familienessen tauschen wir uns manchmal über berufliche Themen wie ethische Dilemmas oder Anekdoten aus der Studierendenklinik aus», so Julia. Dabei könne es auch mal zu Meinungsverschiedenheiten kommen: «Über die Verwendung von direkten Kompositen versus Onlays sind wir uns nicht immer einig», so die Tochter schmunzelnd. Doch die Zahnmedizin steht gemäss dem Vater meist nicht im Zentrum. «Ich betrachte Julia mittlerweile schon auch als meine Berufskollegin, aber wir sprechen viel auch über andere Themen wie Musik oder Filme», so Lionel Huber.