Zusammenarbeit als Schlüssel

Andrea Renggli
Marco Tackenberg
sso-pk-2023-publikum

Die Zahnärztinnen und Zahnärzte in der Schweiz ergreifen Initiative und arbeiten zusammen, um gute Lösungen zu erzielen. Das zeigte sich einmal mehr an der Präsidentenkonferenz der SSO, die im November in Neuenburg stattgefunden hatte. Mehrere Sektionen und Kommissionen der SSO haben innovative Projekte lanciert. 

Im Herbst 2022 musste die einzige französischsprachige Schule für Prophylaxe-Assistentinnen (PA) geschlossen werden. Nun zeichnet sich eine Lösung ab, so dass auch in der Romandie wieder PA ausgebildet werden können. Die Präsidenten der SSO-Sektionen Genf und Neuenburg, Hrvoje Jambrec und Pawel Pazera, präsentierten je ein Projekt. Die Schule in Genf würde privat geführt, jene in Neuenburg wäre einer bestehenden kantonalen Institution angegliedert. Beide Schulen werden die Akkreditierung beantragen. Derzeit warten über 100 französischsprachige Interessentinnen, die die Weiterbildung zur PA absolvieren möchten.

Offene Fragen bei den Dentalassistentinnen  
Rund ein Drittel der neu ausgebildeten Dentalassistentinnen (DA) verlässt den Beruf unmittelbar nach der Lehre oder wenige Jahre danach. Diese Tatsache gab den Anstoss, mittels einer Online-Umfrage die Arbeitsbedingungen und -zufriedenheit der DA zu ermitteln. Christoph Epting, Mitglied des Zentralvorstands und verantwortlich für das Departement Praxisteam, berichtete über die Resultate. Sie zeigen Handlungsbedarf: Nur ein Viertel der über 800 Befragten war am Ende der Lehre sehr zufrieden mit der Wahl des Ausbildungsberufs. Gründe sind ein niedriger Lohn während der Ausbildung, der nicht den Anforderungen entspricht, fehlende Wertschätzung vonseiten der Vorgesetzten sowie eine schlechte Arbeitsatmosphäre. Nur ein Drittel der DA würde die Lehre weiterempfehlen. Die SSO wird prüfen, wie diese Situation verbessert werden kann.

Tessin: Prävention mit Comics   
Die Informationskommission für die italienische Schweiz der SSO (CISI) hat ein neues Kommunikationsinstrument entwickelt, um die Prävention zu fördern. Bereits in den vergangenen Jahren haben die Tessiner innovative Projekte realisiert, darunter der Comic Dentino, der mittlerweile auch auf deutsch und französisch erhältlich ist. Das neue Produkt der CISI ist ein digitales Flipbook, das sich an Kinder und Jugendliche richtet, berichtete CISI-Präsident Valentin Huwiler. Es enthält kurze Botschaften zur Prävention, die vom bekannten Karikaturisten «Buche» im Comicstil aufbereitet wurden. Eine Übersetzung auf deutsch und französisch ist bereits geplant.

Alterszahnmedizin: Grundsatz 80/20  
Die zahnmedizinische Versorgung von älteren Menschen ist der SSO schon seit vielen Jahren ein Anliegen. Da aber verschiedene Akutere betroffen sind – Heimleiter, Pflegepersonal, Heimzahnärzte, kantonale Behörden – gestaltet sich eine Verbesserung der aktuellen Situation schwierig. Lukas Gnädinger, SSO-Beauftragter für Alterszahnmedizin, stellte ein neues Konzept vor, das die SSO zusammen mit den Universitäten und der Schweizerischen Gesellschaft für Alters- und Special-Care-Zahnmedizin erarbeitet. Eines der Ziele: 80-Jährige sollen noch mindestens 20 eigene Zähne haben.   
Das Konzept sieht vor, dass die SSO sich aus logistischen Gründen in ihrem Engagement auf die Alterszentren und -institutionen beschränkt. Dort ist allerdings der Fachkräftemangel eine grosse Herausforderung. Neben der täglichen Pflege der Bewohner und anderen Aufgaben bleibt kaum Zeit für eine regelmässige, sachgemässe Mundhygiene. Künftig soll jede Institution einen Heimzahnarzt bestimmen. Das fertige Konzept für Alterszahnmedizin soll im Sommer 2024 vorliegen.

Aktiv im virtuellen Raum  
Zahnärztinnen und Zahnärzte nutzen Social  Media, sowohl privat als auch als Instrument  zur Patientenbindung und fürs  Praxismarketing. Auch die SSO als Verband  ist auf den grossen Plattformen vertreten.  Markus Gubler von Kommunikation SSO  gab den SSO-Kadern an der Präsidentenkonferenz  einige Tipps zum Verhalten im  virtuellen Raum. Besonders wichtig: Jede  Reaktion ist öffentlich sichtbar. Man muss  sich bewusst sein, dass ein Post einer Zahnärztin, – je nach Thema – nicht als Meinungsäusserung  einer Privatperson wahrgenommen  wird, sondern als Statement  eines Vertreters der SSO.

Gezielt unterstützen statt obligatorisch versichern  
In mehreren Kantonen wurden Vorstösse für eine obligatorische Zahnversicherung abgelehnt. Nun wird das Thema auf nationaler Ebene wieder aktuell. Darüber berichtete Olivier Marmy, Verantwortlicher für das Ressort Information im Zentralvorstand. Eine parlamentarische Initiative verlangt, dass die Kosten für zahnärztliche Behandlungen und präventive Massnahmen von der obligatorischen Krankenkasse übernommen werden – wobei die benötigten Gelder über Bundesmittel zu bezahlen wären.   
Die SSO lehnt diesen Vorstoss ab. Eine staatliche Finanzierung verringert die gesellschaftlichen Ungleichheiten bei der Versorgung nicht, steigert aber das Kostenwachstum. Dieses fällt für die Zahnmedizin im aktuellen System nur sehr moderat aus. Weiter ist die SSO überzeugt, dass eine obligatorische Zahnversicherung den erfolgreichen Prinzipien von Prävention und Eigenverantwortung schadet. Studien zeigen, dass die Schweizerinnen und Schweizer zahnmedizinisch gut versorgt sind. Nur sehr wenige Personen verzichten aus finanziellen Gründen auf den Zahnarztbesuch. Es ist sinnvoller, diese Menschen gezielt zu unterstützen, statt eine neue Steuer einzuführen.   
Die SSO hat ein Erklärvideo und ein Argumentarium zur obligatorischen Zahnversicherung verfasst. Letzteres wird den Mitgliedern der gesundheitspolitischen Kommissionen im National- und Ständerat zugestellt. Der Berufsverband ist in Kontakt mit mehreren Parlamentariern und wird das Geschäft eng begleiten.

Offener Austausch  
Die Kadermitglieder der Sektionen, der Kommissionen und der Fachgesellschaften tauschten an der Präsidentenkonferenz Informationen aus und besprachen ihre Ideen mit dem Zentralvorstand. Diskutiert wurden auch folgende Themen: Die Vor- und Nachteile einer Ausbildung als Voraussetzung zur Praxisübernahme, die Aufgaben der kantonalen Begutachtungskommissionen, Verhandlungen mit kantonalen Behörden betreffend Qualitätsmanagementsystem, oder die Fluoridierungsrichtlinien und deren Umsetzung an den Schulen.